Prävention

Schutzkonzepte sind kreative und partizipative Entwicklungsprozesse. Sie sind einrichtungsspezifische Maßnahmen und Prozesse, die der Analyse von Gefährdungssituationen dienen und die Prävention, Intervention und Aufarbeitung von möglichen Unsicherheiten oder Vorfällen verstärken sollen.

Vereine/Verbände sind gut beraten, wenn sie ein eigenes Schutzkonzept erarbeiten, das auf ihre Rahmenbedingungen angepasst ist. Nur ein individuell erarbeitetes Konzept kann wirksame Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen umfassen. Darüber hinaus hilft es innerhalb der eigenen Organisation eine Kultur der Aufmerksamkeit zu entwickeln. Der Begriff der Aufmerksamkeitskultur beschreibt einen offenen und transparenten Umgang mit den Fragen der Prävention bzw. der Vermeidung von Gefahren.

Die Implementierung eines Schutzkonzeptes in der strukturellen Ausrichtung eines Vereins/Verbandes hat eine zentrale Rolle, um Machtmissbrauch, Übergriffe und Gewalt in der eigenen Organisation zu minimieren sowie handlungsfähig zu sein, wenn es zu Übergriffen (insbesondere Sexualisierter Gewalt) in den eigenen Reihen oder im familiären Umfeld des Kindes/Jugendlichen kommt. Daher ist es wichtig, die potentiellen Gefährdungen in der eigenen Organisation zu analysieren, sich ihnen zu stellen und aktiv gegen sie anzuarbeiten. Dieser Veränderungsprozess ist in der Regel ein langfristiges Projekt und zeigt nicht immer sofort sichtbare Erfolge. Die Implementierung eines Schutzkonzeptes geschieht stets prozesshaft.

Zu Beginn dieses Organisationsentwicklungs-Prozesses (OE-Prozess) erfolgt eine Analyse zur Strategie, Struktur und Kultur der jeweiligen Organisation (unter Berücksichtigung des Wissens um Tätervorgehen) sowie eine anschließende Risiko- und Potenzialanalyse. So offenbaren sich die „verletzlichen Stellen“ der Organisation und die daraus resultierenden Entwicklungsaufgaben.

  • Die Strategie umfasst die grundlegenden Werte einer Organisation. Hier bedarf es einer Positionierungen zum Kinderschutz. Grundsätzlich ist zu empfehlen, die Thematik der Prävention in bestehende Leitbilder, Satzungen, Ordnungen und Selbstvertständnisse aufzunehmen, da der Aufbau einer Aufmerksamkeitskultur im hohen Maße Transparenz im Hinblick auf eine klare Haltung des Vereins erfordert. Ebenso ist es wichtig, dass sich die Leitung dem Thema annimmt. Sie sollte die Verantwortlichkeiten in der Organisation festlegen, z.B. durch die Benennung von Ansprechpersonen für Kinderschutz.
  • Unter der Kultur einer Organisation sind all die Dinge gefasst, die nicht explizit geregelt und auch nicht aufgeschrieben sind, aber dennoch seit Jahr und Tag praktiziert werden. Die Organisationskultur wird von gemeinsam geteilten Haltungen, Werten, Normen und Beziehungen bestimmt. In diesem Bereich Änderungen innerhalb der Organisation in Gang zu setzen, kann sehr langwierig und schwierig sein.
  • Die Struktur einer Organisation spiegelt sich im formalen Aufbau wieder, aber auch in konkreten Arbeitsprozessen. Der Bereich der Struktur ist zwar sehr umfangreich, lässt sich jedoch durch konkrete Entscheidungen der Leitung verhältnismäßig leicht verändern.

Durch die Organisationsanalyse entstehen konkrete Projekte, die nach und nach gemeinsam angegangen werden, so dass ein Schutzkonzept entsteht.

Im folgenden gehen wir genauer auf die präventiven Bausteine eines Schutzkonzeptes ein:

Alle ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitenden sollten an (vereinsinternen) Aus- und Fortbildungen zum Thema sexualisierte Gewalt teilnehmen. Gemeinsam können so Fragen zur Präventionsarbeit, zu vereins-/verbandsspezifischen Vorgehensweisen bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung abgestimmt werden.

Anlaufstellen für Weiterbildungen im Bereich Prävention und Intervention Sexualisierte Gewalt:

Anlaufstellen für Weiterbildungen im Bereich Sexuelle Bildung

Anlaufstellen für Weiterbildungen im Bereich Geschlechterreflektierende Pädagogik

Anlaufstellen für Weiterbildungen im Bereich Kindeswohlgefährdung

Die Auswahl von Mitarbeitenden und die Einschätzung ihrer fachlichen und persönlichen Eignung liegt in der Verantwortung des Vorstandes.

Mit potenziellen Mitarbeitenden sollten folgende Eckpunkte besprochen werden:

  • Zweck und Motivation des Vereins/Verbandes
  • Angebote des Vereins/Verbandes
  • pädagogische Grundsätze in der Kinder- und Jugendarbeit
  • Präventionskonzept
  • Interessenabgleich zwischen dem Verein/Verband und dem*der potenziell Mitarbeitenden
  • Motivation der Person, im Verein/Verband tätig zu sein und ggf. auch Hintergründe eines Tätigkeitswechsels erfragen
  • kontinuierliche Fortbildung und fachliche Begleitung
  • Information zum erweiterten Führungszeugnis, zur Selbstverpflichtung und zum Verhaltenskodex

Der Verein/Verband sollte über ein funktionierendes Beschwerdeverfahren verfügen und Ansprechpersonen für Kinderschutz benennen. An diese können sich Kinder, Jugendliche, Mitarbeitende und Sorgeberechtigte im Fall eines Verdachts innerhalb und außerhalb des Vereins/Verbandes wenden. Im besten Fall wurde das Beschwerdeverfahren mit allen Beteiligten gemeinsam erarbeitet.

Handreichung Beschwerdemöglichkeiten

Feedbackmethoden

Kinder/Jugendliche sollen an Entscheidungen beteiligt werden, die sie betreffen. Das stärkt ihre Position und verringert das Machtgefälle zu den Erwachsenen. Sie setzen sich vor allem für ihre Rechte ein, wenn sie ernst genommen werden. Hier können Selbstwirksamkeit und Verantwortung erfahren und gelernt werden.

Mitbestimmung fördert ihr Selbstvertrauen und das Vertrauen zum Verein/Verband, z. B. durch:

  • die Berücksichtigung der Meinung von jungen Menschen
  • die aktive Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen in die Vereins-/ Verbandsarbeit
  • die Übernahme von Aufgaben und Positionen im Verein/Verband

Wenn ihr Beratung zum Thema Beteiligung von Kindern und Jugendlichen braucht, meldet euch doch bei der Servicestelle für Kinder- und Jugendbeteiligung Sachsen.

Im Rahmen der Entwicklung von Schutzkonzepten ist es ebenso ratsam, alle Mitarbeitenden einzubeziehen. Nur wer mitdenken und mitreden kann, wird die gestellten Aufgaben mitverantworten. Die Beteiligung ist in ganz vielfältiger Art möglich: bei der Entwicklung von Leitbildern, bei der Risikoanalyse oder der Planung von Workshops zur Prävention.

Es gibt eine wichtige Regel: Kinder können sich nicht selbst schützen. Wir als Erwachsene in der Organisation sind alleinig für den Schutz der Kinder/Jugendlichen verantwortlich! Präventionsarbeit mit Kindern/Jugendlichen kann nur wirksam werden, wenn sie im Rahmen eines Gesamtkonzeptes erfolgt.

Kinder und Jugendlichen werden in der Regel sehr gezielt von Tätern für sexuelle Gewalttaten ausgewählt. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die Kinder und Jugendliche unsicher erscheinen lassen. Präventionsarbeit kann Kindern und Jugendliche stärken, falsche Zuwendungen zu erkennen, Anerkennung zu erfahren, auf ihre eigenen Gefühle zu hören, Sprachlosigkeit zu überwinden und sich schneller Hilfe zu holen.

Das Recht auf Achtung der persönlichen Grenzen und auf Hilfe in Notlagen sollte im Alltag des Vereins/Verbands thematisiert und von Kindern und Jugendlichen erlebbar sein. Im Bildungs- und Erziehungsbereich sollten regelmäßig konkrete Präventionsangebote gemacht sowie Konzepte geschlechterreflektierender Arbeit und sexueller Bildung entwickelt und umgesetzt werden.

Methoden: Achtung der persönlichen Grenzen

Methoden Geschlechterreflektierender Arbeit

Methoden Sexualpädagogik

Der Verhaltenskodex soll zur Sensibilisierung der Mitarbeitenden beitragen. Er ist eine Selbstverpflichtung zur Achtung der Rechte von Kindern/Jugendlichen. In einer Selbstverpflichtungserklärung verpflichten sich Mitarbeitende durch ihre Unterschrift zur Einhaltung verschiedenster Aspekte, die den Schutz von Kindern/Jugendlichen umsetzen.

Muster Selbstverpflichtungserklärung vom KJRS

Ehrenamtliche Mitarbeiter*innen mit einschlägigen Vorstrafen unterliegen einem Tätigkeitsverbot. Bei diesen besteht jedoch keine generelle Pflicht zur Vorlage eines Führungszeugnisses.

Handreichung Führungszeugnis ja oder nein?

Ehrenamtlich Aktive können das erweiterte Führungszeugnis selbstständig und kostenfrei beantragen. Sie benötigen hierfür eine Bescheinigung des Vereins/Verbandes über die ehrenamtliche Tätigkeit mit der Aufforderung zur Vorlage des Führungszeugnisses auf der Grundlage von § 72a SGB VIII.

Muster Formblatt Antrag auf EFZ

Der Vorstand des Vereins/Verbandes ist für die Einsichtnahme in das Führungszeugnis verantwortlich. Einsichtnahme heißt, dass das erweiterte Führungszeugnis weder im Original noch als Kopie im Verein/Verband verbleiben darf (Datenschutz). Vereinen/Verbänden wird empfohlen, für ihre Unterlagen eine Dokumentation anzufertigen.

Muster Formblatt Dokumentation Einsicht EFZ

Es ist nötig, Sorgeberechtigte über das Schutzkonzept zu informieren und wenn möglich sie einzubeziehen. Der Verein/Verband sollte die Sorgeberechtigten über die Bedeutung des Konzeptes und über die daraus entstandenen Regeln informieren. Wichtig ist es, sich offen zu zeigen, wenn Sorgeberechtigte darüber sprechen wollen oder besorgt sind, wenn das Thema im Verein/Verband auf die Tagesordnung kommt oder ein Verdachtsfall bekannt wird.