Intervention

Vereine/Verbände müssen den staatlichen Schutzauftrag für das Wohl von Kindern und Jugendlichen wahrnehmen. Das bedeutet grob verallgemeinert, dass ein Verein/Verband sicherstellen muss, dass seine Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes/Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen. Das nennt man Garantenstellung.

Gleichzeitig ist er bei institutioneller Kindeswohlgefährdung verpflichtet konsequent einzuschreiten, denn auch im Verein/Verband gibt es Gefährdungssituationen für Kinder/ Jugendliche. Hier kann es zu Kindeswohlgefährdungen durch eigene Mitarbeiter*innen (hauptamtliche Fachkräfte, ehrenamtliche Mitarbeiter*innen, Praktikant*innen, Bundesfreiwillige etc.) oder zu Kindeswohlgefährdungen durch andere betreute Kinder/Jugendliche kommen.

Vorgehen für Fachkräfte: Das im § 8a (4) SGB VIII beschriebene Verfahren sieht dafür folgende Schritte vor:

  • Fachkraft nimmt eine Gefährdungseinschätzung vor
  • bei der Gefährdungseinschätzung wird eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen
  • die Sorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche wird in die Gefährdungseinschätzung einbezogen (soweit der wirksame Schutz des Kindes/Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird)
  • Fachkräfte der freien Träger sollen bei den Sorgeberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten
  • das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann

Allgemeiner Handlungsleitfaden bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung (KWG)

Kommt es zu einem „unguten Gefühl“ zu den Lebensumständen eines Kindes/Jugendlichen, stellt sich auch hier immer die Frage:“Ist es ein Notfall – ja oder nein?” Ist es ein Notfall, muss sofort gehandelt werden. Wenn es kein Notfall ist, dürfen ehrenamtliche Mitarbeiter*innen im weiteren Verlauf nicht im Alleingang handeln. Ehrenamtliche Mitarbeiter*innen sind nicht für die Klärung des Problems zuständig. Sie müssen sofort die verantwortliche Ansprechperson für Kinderschutz des Vereins/Verbandes informieren. Die Ansprechperson für Kinderschutz des Vereins/Verbandes muss ihren Handlungsleitfaden durchlaufen.

Anhand kurzer Fallbeispiele wird die Schnittstelle zwischen Ehrenamt vor Ort und dem Vorstand im Umgang mit Verdachtsfällen von Kindeswohlgefährdungen beschrieben:

Handlungsleitfaden bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung im sozialen und familiären Umfeld

Handlungsleitfaden bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung Minderjähriger untereinander

Handlungsleitfaden bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung in den eigenen Reihen

Handlungsempfehlung für Ehrenamtliche bei Verdacht auf Sexualisierte Gewalt

Für die Dokumentation von Verdachtsfällen bei vermuteter Kindeswohlgefährdung gibt es keine vorgeschriebene Form. Wichtig ist, dass die Aufzeichnungen mit den Anhaltspunkten für den Verein/Verband selbst und ggf. für Dritte bestimmt sind. Dritte sind z. B. das Jugendamt, das Familiengericht oder die Polizei und Staatsanwaltschaft. Daher sollten diese Aufzeichnungen lesbar und nachvollziehbar sein.

Dokumentation folgender Daten

  • persönliche Daten des betroffenen Kindes/Jugendlichen und der Mitarbeitenden
  • eigene Beobachtungen mit konkreten Beobachtungsinhalten (Ort, Zeit, Person, Vorkommnisse)
  • Informationen, Aussagen, Beobachtungen anderer Personen

Hinweise zur Reflexion (auch schriftlich)

  • Welche Gefühle und Reaktionen auf die Beobachtungen werden bei mir ausgelöst?
  • Welche Erklärungsmöglichkeiten für das jeweilige Verhalten habe ich?
  • Welche Fragen möchte ich mit der Ansprechperson für Kinderschutz erörtern?

Mit den Daten ist äußerst sensibel umzugehen. Aufzeichnungen müssen verschlossen aufbewahrt werden. Der Verein/Verband ist bei einer vermuteten Kindeswohlgefährdung zur Datenweitergabe an das Jugendamt angehalten.

Beratungen im Team sollten in einem kleinen, vertrauensvollen Rahmen stattfinden.

Oft ist es so, dass am Anfang oder überhaupt nur ein ungutes (Bauch)Gefühl bei der Beobachtung einer Situation, Aussagen von Kindern und Jugendlichen, wenn auf konkrete Fragen ausweichende Antworten gegeben werden, gibt.

Für solche Situationen empfehlen wir ein sogenanntes Vermutungstagebuch, welches mit folgenden Fragen oder Anhaltenpunkten geführt werden kann:

  • Was hast du gespürt, gesehen, gehört?
  • Welcher Bilder, Vermutungen hast du?
  • Beschreibe das Gefühl.
  • Was möchtest du tun?
  • Mit wem möchtest du dich darüber fachlich austauschen?

In der Broschüre "Mädchen und Jungen vor sexueller Gewalt in Institutionen schützen" des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Berlin findet ihr im Kapitel " Was tun, wenn es trotzdem passiert?" Tipps für die Erarbeitung von Interventionsplänen und möglichen Interventionsschritten.

In der Arbeitshilfe "Achtung! - Arbeitshilfe – gegen sexualisierte Gewalt im Jugendverband" der Johanniter Jugend findet ihr im Kapitel "Helfen im Ernstfall" einen Krisenplan sowie eine Rettungskette und Tipps für die Dokumentation von Verdachtsfällen.

In der Broschüre "Strukturelle Prävention Sexualisierter Gewalt" der Sozialistischen Jugend Deutschlands - Die Falken findet ihr Gesprächsleitfäden mit Betroffenen, der Person unter Verdacht und Sorgeberechtigten sowie eine Pressemitteilung im Verdachtsfall auf sexuellen Missbrauch.